Nein, aufgeschreckt hat es mich nicht, was Norbert Reisener, Vorsitzender unseres Fußballkreises, in seinem Brandbrief vom 16. Oktober anprangerte. Nach jahrelanger Aktivität im Fußballkreis, vor allem nach meiner langen Zeit als Vorsitzender von Spruchkammern erschreckt es mich nicht wirklich, dass das Mitfiebern für einen Verein oder für eine Mannschaft umschlägt in eine Frontstellung zum Spielgegner, dass aus Anfeuerung der eigenen Farben Herabwürdigung des Spielgegners wird, der zudem dann mit Verbalinjurien, mit Drohungen und auch mit körperlichen Attacken bedacht wird.
Neu ist das alles nicht, eigentlich war´s schon immer so! Ich jedenfalls erlebte es als C-Jugendlicher, dass einem Spieler von einem zuschauenden Vater per Handstock das Standbein unter dem Hintern weggezogen wurde. Der Vater war aufgebracht, weil der Jungen unmittelbar zuvor durch ein vermeintliches Foulspiel in Ballbesitz gekommen war. Und auch diese unfaire Handstockattacke war kein absonderlicher Einzelfall. Schon damals mussten die Sportgerichte viele Unsportlichkeiten ahnden.
Neu ist das also alles nicht. Allenfalls besorgt die ansteigende Anzahl der Aggressionen und wohl auch die Tatsache, dass diese unerquickliche Welle nun auch in unseren Fußballkreis schwappt, wo wir doch sonst eher beschauliche Verhältnisse preisen konnten. Und so ist unserem Kreisvorsitzenden Norbert unbedingt beizupflichten, wenn er das „Fehlverhalten vieler Spieler und teilweise auch von Funktionären“ anprangert. Wenn er anklagt, dass „der Fairplay-Gedanke von unseren Aktiven immer häufiger nicht nur missachtet, sondern im wahrsten Sinne des Wortes mit Fäusten und Füßen getreten wird“.
Sich dagegen zu wehren, diesen unguten „Fehlentwicklungen der Unfairness“ Einhalt zu gebieten, ist Pflicht eines jeden echten Sportfreundes! Denn „Fairness ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres schönen Fußballsports“, führt Norbert in seinem Schreiben aus. Und er appelliert an uns alle, den „Fairplay-Gedanken wieder verstärkt ins Bewusstsein unserer Sportler und Sportler“ zu rücken, auf „dass unser Kreis Münster auch in Sachen Fairplay wieder zum Vorzeigekreis im Verband zählt“.
Aber müssen wir uns hier beim TuS überhaupt angesprochen fühlen? Ich habe da erfreulicher Weise einige Zweifel.
Diese Zweifel nähren sich einerseits regelmäßig, wenn ich die Mitteilungen des Verbandes studiere. Kaum einmal kommt es vor, dass dort einer unserer Spieler oder Trainer, Betreuer oder Funktionäre für unfaires Verhalten mit Strafen belegt wird. Und dass sich deswegen jemand aus unserem Verein vor einem Sportgericht verantworten muss, geschieht noch seltener.
Meine oben erwähnten Zweifel begründen sich aber stärker noch durch eigene Anschauung. Als Vorsitzender ist es mir Pflicht, so meine ich, viele Spiele unserer Mannschaften zu sehen, ist. Und dieser Pflicht genüge ich, indem ich am Wochenende mir wenigstens einer unserer Spiele ansehe. Ich freue mich dann (meistens) über schöne Fußballspiele. Ich verschaffe mir realistischen Überblick über das Geschehen in unserem Verein. Ich motiviere die jungen Spieler. Und ich zolle den Verantwortlichen der Mannschaften Respekt für ihre jugendpflegerische Aktivität. Dabei lege ich Wert darauf, dass ich nicht nur unsere Erste besuche oder unsere Jugendmannschaften des Leistungsbereichs, sondern besonders auch die Jugendteams des Breitensportbereichs. Und bei all´ diesen Spielbeobachtungen sehe ich Unsportlichkeiten überaus selten.
Vom letzten Sonntag, vom Spiel unserer B2 gegen Wacker Mecklenbeck melde ich diesbezüglich totale Fehlanzeige. Das Spiel lief in großer Fairness über die Zeit, was mich sehr freute. Mehr noch freute mich aber, dass unser Team 1:0 gewann und zwar nach anfänglich leichten spielerischen Vorteilen der Wacker-Mannschaft. Ganz besonders aber freute mich, dass unser Team in wenigstens drei Spielsituationen zeigte, dass ihnen von ihren Trainern Dieter Böckers und Markus Kimmina guter Fußball vermittelt wird. Einmal dachte ich das kurz vor dem Spielende: Einer unserer Innenverteidiger lief dem angreifenden Wacker-Spieler den Ball ab, schlug dann direkt aus der Körperdrehung heraus einen Diagonalpass auf einen unserer Angreifer, der den Ball dann nur knapp über das Tor zog. Und etwa zehn Minuten vorher zeigten fünf bzw. vier unserer Spieler effektives Kurzpassspiel auf engstem Raum erster Güte, womit ´mal wieder augenfällig wurde, dass bei uns guter Fußball gelehrt und gelernt wird.
Aber nun hat mich meine Begeisterung über das B2-Spiel vom letzten Sonntag abgebracht vom meinen Gedanken zum Fairplay. Ich glaube schon und habe es auch schon erlebt, dass es bei Spielen der Mannschaften des Leistungsbereichs schwerer zu verwirklichen ist. Die Akteure dort, aber auch ihre zuschauenden Eltern, fühlen stärker den Anspruch des Gewinnenmüssens als die Spieler des Breitensports. Entsprechend ehrgeiziger gehen sie ins Spiel, entsprechend enttäuschter sind sie, wenn´s nicht läuft. Und aus solcher Enttäuschung wird nicht selten Frust, vor allem dann, wenn Vorwürfe oder unsachliche Kommentare geäußert werden. Und was solcher Frust in uns Menschen bewirken kann, wissen wir alle nur zu gut.
Gut ist´s, dass das offensichtlich nicht sehr oft bei uns passiert! Oder: Gut ist´s, dass jeweils besonnene Sportfreunde beruhigend einwirken auf jene, die sich dann ´mal außerhalb der Spur befinden.
So ist alles gut bei uns mit dem Fairplay?
Ich hab´ da so meine Bedenken. Zurzeit wird´s wohl beachtet. Wir müssen aber sehr aufpassen, dass´s so bleibt. Wir alle müssen darauf aufpassen, immer und überall!
In diesem Sinne grüßt dich herzlich,
Dein Epi Bördemann
- Vorsitzender -
Quelle: TuS Aktuell Nr. 07